Sonntag, 3. August 2014

#7-fuenfter Reiseeintrag

Als ich am Freitagmorgen, mit meinem gepackten Fahrrad, so vor der Tür der letzten Unterkunft stand, um noch ein Zigarettchen zu rauchen, und die Sonne schon frühmorgens gar heftig schien, da überlegte ich mir, ob es wohl eine all zu abwegige Idee wäre, mal am Bahnhof vorbeizuschauen, ob da ein Zug nach Kaliningrad fahren würden.


Und tatsächlich, nur eine dreiviertel Stunde später sollte einer fahren.
Ich kaufte für mich und mein Fahrrad jeweils ein Bilet, was mich zusammen unglaubliche 63 Rubel und 60 Kopeken kostete.


Umgerechnet 1 € und 32 Cent.

Die Zeit reichte noch für einen kleinen Abstecher zur Strandpromenade und dann hieß es das Fahrrad in einen der nicht gerade barrierefreien Waggons zu wuchten.




40 Minuten später war ich dann schon in Kaliningrad und stand nach dem Passieren einer Sicherheitsschleuse, ähnlich der auf einem Flughafen, vor dem 1929 als Königsberg (Pr) Hauptbahnhof vollendeten Gebäude.

Um ein Visum zu bekommen hatte ich schon von zu Hause ein Hotel gebucht und begab mich jetzt auf die Suche nach diesem. Leider waren aber weder Stadtplantafeln, noch eine Information zu finden, so dass ich mich grob mit meinem ausgedruckten Plan zu orientieren versuchte.  Nach der Befragung eines alten Mütterchens fand ich dann die richtige Verkehrsader, die mich zur Unterkunft führte.
Das Sicherheitssystem des Hotels war für mich ersteinmal etwas verwirrend. Um den Fahrstuhl benutzen zu können, muss man nämlich seine an der Rezeption ausgehändigt bekommene Plastikkarte an ein im Inneren angebrachtes Lesegerät halten und kann erst dann seine Etage auswählen. Ebenso erging es mir mit den Zimmermedien. Das man mit der Karte die Tür öffnet ist ja klar, aber wieso funktioniert dann kein Licht. Nach einiger Weile entdeckte ich dann in einer Nische neben der Tür einen Kartenhalter, in den ich mein Plastikkärtchen einschob, woraufhin wie durch Zauberhand alle Lichter angingen.



Nach einer Dusche machte ich mich per Fuß auf den Weg zu einer ersten Erkundungstour durch Kaliningrad.
Dank eines am Empfang des Hotels erhaltenen kleinen Stadtplans versuchte ich, einige der noch vorhandenen Stadttore ausfindig zu machen, was mir an diesem Tag bei Zweien gelang.

Das Friedrichsburger Tor ist nach jahrelangen Zerfall seit 2011 fertig restauriert, was man von dem in der Nähe gelegenen Brandenburger Tor noch nicht sagen kann. In eine von durchfahrenden Automassen verursachte Schmutzwolke gehüllt, harrt das historische Denkmal noch seiner Renovierung.

 
Friedrichsburger Tor

Brandenburger Tor

Nach einem Besuch in einer nahe dem Hauptbahnhof gelegenen Shopping Mall namens "Виктория" lief ich wieder zurück ins Hotel und verbrachte dort den restlichen Abend.

Am nächsten Morgen nahm ich für die weitere Stadterkundung das Fahrrad und bewegte mich als erstes nördlich, Richtung Christ-Erlöser-Kathedrale, sowie Siegesplatz und dann im südlichen Gebiet, wo ich mir das Friedländer Tor inklusive Museum anschaute. Später radelte ich Richtung Fischerdorf und Königsberger Dom, wo ich der Grabstätte Imanuel Kants einen Besuch abstattete.
(Bilder von all dem, könnt ihr euch in der Fotogalerie anschauen. Die Fotos hier einzufügen, würde den Rahmen sprengen.)
Bevor ich mich auf die südliche Runde machte, beschloss ich noch einen Tag länger, als die anvisierten 2, zu bleiben und machte einen Abstecher zurück zum Hotel um mein Zimmer zu verlängern.
Danach fuhr ich zum Bahnhof um abzuklären, ob es möglich wäre die Strecke nach Mamonowo (Heiligenbeil), nahe der polnischen Grenze, mit dem Zug zurückzulegen.
Als erstes wurde ich von der Miliz freundlich, aber bestimmt, aufgefordert, mein Fahrrad draußen anzuschließen. An der Information sprach man natürlich nur russisch, aber auf mein gestottertes "Ma-moooo-noooo-wooo Poo-neee-delll-nikkk" reichte mir die Babuschka wenigstens einen Zettel heraus, auf dem 8.50 und 18.00 stand. Damit begab ich mich zu einen der 3 Ticketschalter, wo ich nach einer 3/4 Stunde dran kam, aber ebenso wie einer der vor mir Wartenden, mit einem energischen "Njet" vertrieben wurde. Da ich keine weitere Möglichkeit des Fahrkartenkaufs erkennen konnte, wandte ich mich an einen der Milizionäre, obwohl mich mein Reiseführer davor gewarnt hatte, ohne Not und selbst dann, in Kontakt mit derartigen Personen zu treten.
Der bemühte sich auch anerkennenswerter Weise, nach Wörtern in einer anderen Sprache als russisch zu suchen, doch als Ergebnis entfuhr ihm nach einer peinlichen halben Minute leider nur ein "Information", so dass ich mich wieder dorthin begab und es bei der anderen Schalterbeamtin mit dem Zettel ihrer Vorgängerin versuchte. Diese schien, soweit ich es verstehen konnte, aufs entschiedenste zu verneinen, dass es eine derartige Verbindung überhaupt gibt und schickte mich zum Busbahnhof nebenan. 
Damit war ich mit meinem Latein am Ende und gab auf. 

Wenigstens bekam ich im beachbarten Postamt meine Briefmarken nach Германия, was schon mal ein Fortschritt war. Postkarten hatte ich allerdings noch keine. 
In der Form, wie man es sonst auf der Welt kennt, gibt es hier nämlich keine zu kaufen. Man kann in verschiedenen Zeitungskiosken ein kleines Heftchen, mit wahlweise 8 oder 10 Kärtchen mit historischen Aufnahmen, erwerben, die man dann als Postkarte verwenden kann. 
Etwas anderes konnte ich hier trotz angestrengtester Suche nicht entdecken.
Der Erwerb eines derartigen Heftchens war aber auch schon wieder ein Erlebnis für sich.
Die von mir aufgesuchte Kioskmitarbeiterin erhob sich nur unter Murren und Stöhnen von ihrem Stuhl, um die (scheinbar nur am Aushang befindlichen) Postkartenheftchen zu erangeln. Nach einer Weile merkte sie dann, dass ihre Arme doch etwas zu kurz für eine derart spektakuläre Aktion geraten waren und schob, natürlich nicht ohne wieder demonstrativ zu stöhnen, ihren Stuhl beiseite, wodurch sie freien Zugang hatte und mir die von mir begehrte Ware auf den Tresen werfen konnte.
Ich hatte dabei die ganze Zeit das Gefühl, ein besonders bedenkliches, vielleicht auch nicht ganz jugendfreies, Produkt zu erwerben. Der Kiosk befand sich übrigens direkt gegenüber dem Fischerdorf, was eines der von Touristen frequentiertesten Orte hier ist.

Den Rest des Nachmittags verbrachte ich dann im Fischerdorf und im Park am Dom, da es langsam etwas arg heiß wurde. Vormittags 10 Uhr betrug die Temperatur 36°C und selbst abends 22.45 Uhr zeigte das Thermometer vor dem Hotel noch 28°C an, was mir ein Gefühl verlieh, mich in den Tropen zu befinden.
Immerhin hatte ich an dem Tag schon 21 Km, das Fahrrad meist schiebend, zurückgelegt.


Ab Sonntagmittag zog ich dann wieder los, um mir unter anderen den Wrangelturm und das Königstor anzusehen.
All zu viele Aktivitäten waren allerdings nicht möglich, da dass Thermometer auf bis zu 38°C stieg.

Morgen geht es dann weiter Richtung Polen.

Damit die putzige Kioskbetreiberin und die nicht sehr hilfreichen Bahnangestellten hier keine falschen Assoziationen zu den Kaliningradern hervorrufen: Eine junge Radfahrerin und etwas später am Nachmittag ein älterer Herr boten mir von sich aus ihre Hilfe an, als ich augenscheinlich etwas verwirrt mit meinem Stadtplan da stand. Außer auf dem Bahnhof habe ich so gut wie keine Uniformierte gesehen. Auf meinen insgesamt fast 35 Km durch die Stadt war gerade mal eine Bettlerin zu sehen und Betrunkene oder Gestalten, bei denen man sich eventuell überlegt die Straßenseite zu wechseln, waren auch nicht unterwegs

Die hier nach dem Krieg entstandenen Bauwerke sind natürlich zum größten Teil einfach schrecklich.
Aber wenn praktisch der gesamte Stadtkern von britischen Bombern zerstört wird, gibt es auch in Deutschland, beiderseits der Elbe, genug Beispiele für maximal als zweckmäßig zu bezeichnende Architektur.

Die Ernennung zur Sonderwirtschaftszone und die seit der 750-Jahr Feier einsetzenden Restaurierungsmaßnahmen führten dabei schon zu einer Verbesserung.
Kaliningrad ist einer der Austragungsorte der 2018 stattfindenden Fußball-WM.
Mal sehen was sich da noch tut.

Fotos Kaliningrad



D: Ist das so in Ordnung Genosse Milizionär? Wie ich das geschrieben habe?
M: ДА! Это самый счастливый день в моей жизни!
D: Darf ich jetzt gehen?
M:  Я ещё не знаю...Твоя улыбка сводит меня с ума!
D: Nehmen sie bitte ihre Waffe herunter! Ich reise auch morgen nach Polen aus. Versprochen!
M: Мне хорошо, когда ты рядом! Я всегда хочу быть с тобой! Это была волшебная ночь! Я влюбился в тебя с первого взгляда! Я хочу познакомиться с тобой поближе. Пойдём погуляем!
D: Warum schauen sie mich so komisch an??? Aber in Ordnung, lassen wir uns hinaus gehen...

Quelle

Freitag, 1. August 2014

#6-vierter Reiseeintrag

Am Mittwochmittag in Nida angekommen, fand ich eine Unterkunft in einem Doorm-Room mit 10 Betten.



Danach wollte ich ein wenig Kultur betreiben und machte mich als erstes auf den Weg zum ehemaligen Ferienhaus Thomas Manns.



Ein wenig von seiner Biografie kannte ich ja schon, war aber von den näheren Beschreibungen und der Intensität wie sie hier auf mich wirkte sehr beeindruckt.
Seine "Deutsche Ansprache. Ein Appell an die Vernunft", die er im Oktober 1930 in Berlin hielt, war für mich dabei am bewegensten.
Aber auch die sehr interessanten Hintergründe zu seiner Familie haben den Aufstieg zu seinem wunderschön gelegenen Ferienhaus lohnenswert gemacht.





Danach schaute ich mich noch im unweit gelegenen Haus von Herrmann Blode um, der Endes des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts in seiner Künstlerkolonie eine illustre Gesellschaft beherbergte.


Die gesammelten Kunstwerke wurden leider von sowjetische Soldaten verheizt, die auch den gegenüber gelegenen alten Fischerfriedhof mit seinen Kurenkreuzen verwüsteten und die Evangelisch-Lutherische Fischerkirche plünderten.



Trotzdem waren noch einige Zeugnisse anrührender Schicksale vorhanden.





Am Abend speiste ich auswärts, schaute mich noch auf einem Open Air um, trank ein paar Bier und war gegen 10 Uhr im Schlafsaal der erste, der sich zur Ruhe legte.

Deshalb war ich am nächsten Morgen auch schon 5 Uhr wach und machte mich auf den Weg Richtung russischer Enklave, deren Grenze 10 Km später auftauchte.


Entgegen allen Bedenken waren die Grenzbeamten höflich und freundlich, sprachen sogar ein wenig deutsch und wollten weder als Machtdemonstration meine Packtaschen fleddern, einen Pupillenscreen durchführen, Waterboarding verüben oder eine Scheinhinrichtung veranstalten.

Da können sich unsere nordamerikanischen "Freunde" ruhig mal ein Beispiel daran nehmen.


50 Km weiter kam ich in Selenogradsk, am südlichen Ende der kurischen Nehrung, an und fand dort Unterschlupf in einer Privatwohnung, in einem Plattenbaughetto.



Interessant war, das sowohl die ursprünglichen Haus-, als auch Wohnungstüren gegen schwere Eisentüren ausgetauscht wurden.
Die Haustüren lassen sich zudem nur mit einem Chip oder einem Code öffnen.


Die Wohnung war aber in Ordnung, wenn ich mich auch, auf Grund der rostzerfressenen Träger, nicht so recht auf den Balkon traute.
In der Küche konnte ich mir dann richtige Radlernahrung zubereiten und wieder ein paar hiesige Biere testen.