Donnerstag, 4. September 2014

#8-sechster Reiseeintrag

Am Montag lief mein Visum für Russland aus und so radelte ich zum Bahnhof, um noch einen letzten Versuch zu unternehmen, mit dem Zug nach Mamonowo zu gelangen.
Ich hatte im Internet von 2 Reisenden gelesen, die letztes Jahr die Strecke zur polnischen Grenze mit dem Rad gefahren waren und dabei zahlreiche Militärsperren passieren mussten.
Darauf hatte ich absolut keine Lust.
Und ein Wunder geschah.
Als ich mit meinem Rad an der Sicherheitsschleuse des Bahnhofs auftauchte, geleitete mich diesmal ein Uniformierter zu einen 50m entfernten kleineren Eingang, der tatsächlich Zugang zu den Bahnsteigen bot und wo ich mir komplikationslos ein Billet kaufen konnte. Weiß der Teufel warum dieser Nebeneingang vollkommen unscheinbar ist und warum man nicht über den Haupteingang darf.
Elementarste Russischkenntnisse meinerseits hätten bestimmt schon eher zum Ziel geführt.
Zu mindestens schien sich meine Erscheinung bei den örtlichen Milizionären herumgesprochen zu haben.
Ich schleppte mein Fahrrad die Treppe zu den Gleisen hinauf und saß kurz darauf im Zug.

1 Stunde dauerte die Fahrt nach Mamonowo und unterwegs gab es tatsächlich Haltestellen, die keinen Namen, sondern nur eine Kilometerangabe besaßen.



Von Mamonowo waren es gerade einmal noch 5 km bis zur Grenze zu Polen.
Von der Grenzanlage machte ich (aus euch vielleicht nachvollziehbaren Gründen) lieber keine Fotos und konnte dank meines Gefährts an den nicht unerheblichen Autoschlangen vorbeiradeln.
Einzig die polnischen Grenzschützer, die ja als EU-Außenposten unsere westliche Wertegemeinschaft schützen müssen dürfen sollen, fragten etwas genauer nach dem Inhalt meiner Taschen.
Da mich ein netter Russe kurz vorher vor den etwas pingeligen Polen gewarnt hatte, konnte ich die Angelegenheit ziemlich entspannt bewältigen.


Über Braniewo (Braunsberg) fuhr ich bis Frombork (Frauenburg), dass durch seine Kathedrale und das Wirken von Nikolaus Kopernikus dem einen oder anderen vielleicht bekannt ist.


Kopernikus revolutionierte durch seine heliozentrische Überlegungen das Weltbild und ich dachte, dass es eine gute Idee wäre mir seine Wirkungsstätte und seine Grabkammer einmal anzuschauen.
Also nahm ich mir dort ein Quartier.

Am späten Nachmittag traf noch eine ganze Busladung Radfahrer, des meist etwas gesetztereren Alters, ein. Diese nahmen an einer geführten Urlaubsradtour  teil, was bedeutet, schöne Streckenabschnitte mit dem Rad zurückzulegen und sich auf touristisch nicht so interessanten mit dem Bus transportieren zu lassen.
Nachdem ich mich in der Kathedrale und am Hafen umgesehen hatte, konnte ich so am Abend mal wieder deutsch plaudern, kam etwas verspätet zu meinen Königsberger Klöpsen und lernte dabei auch kennen, dass das 6%-ige polnische Bier "Zubr", eine andere Wirkung, als ein normales Pilsener hat.




Am nächsten Morgen hatte ich die Wahl, nach Gdansk (Danzig) entweder den Bogen über Elblag zu fahren, oder mit dem Schiff über die "Frische Haff" überzusetzen und dort dann nach Gdansk zu radeln.
Letzteres erschien mir attraktiver, nur leider fuhr, trotz gegenteiliger Behauptung im Reiseführer, kein Boot von Frombork nach Krynica Morska.
Auf Nachfrage an der Rezeption meines Hotels, verwies man mich auf das 10 Km entfernten Tolkmicko, wo 3 mal am Tag ein Schiff ablegen soll.
So nahm ich den Umweg über Tolkmicko in Kauf, wurde aber leider nicht belohnt.

Zwar standen auf einer Tafel an der Mole 3 Abfahrtszeiten täglich, und mit 9.40 Uhr auch eine die perfekt gepasst hätte, nur leider ließ sich weder ein Schiff, noch sonst jemand blicken.
Nach einer dreiviertel Stunde des Herumlungerns gab ich auf, setzte mich auf mein Rad und rollte gen Gdansk.


Nach insgesamt 117 Km kam ich dort an.
Die Fahrt war aber nicht ganz ohne Komplikationen.

Die Europastraße E28 darf man als Radfahrer benutzen, nur mündet diese 20 Km vor Gdansk in die S7, eine Schnellstraße, die man als Radfahrer nicht befahren darf und auch nicht will.
Entweder hatte ich ein entsprechendes Hinweisschild verschlafen oder es gab keins.
Jedenfalls fand ich mich unvermittelt auf der stark befahrenen Schnellstraße wieder, die man durchaus mit einer deutschen Autobahn vergleichen kann.
Umdrehen ging nicht und seitlich führte auf der gesamten Länge ein, mit dem Fahrrad nicht zu überwindender, Zaun entlang.
Etwas unsicher, über die weitere Vorgehensweise, kam glücklicherweise nur einen Kilometer später eine Raststätte. Ich schaute mich schon nach einer potentiellen Mitfahrgelegenheit um, als ich ein Loch im Zaun entdeckte, welches vielleicht von jemandem in einer ähnlichen Situation wie der meinigen geschaffen wurde.
Nachdem ich mein Rad vom Gepäck befreit, alles einzeln hinübergetragen und auch mich hindurchgezwängt hatte, sowie noch 3 Gräben und 1 Brennnesselfeld durchquert hatte, erreichte ich eine parallel zur Autobahn befahrbare Betonpiste, die mich nach Gdansk führte.



Gerade noch rechtzeitig traf ich dort ein, um mich vor einem heftigen Gewitter in einem Buswartehäuschen in Sicherheit zu bringen.

Zur Orientierung fuhr ich danach zum Bahnhof und kaufte dort auch gleich ein Ticket nach Sczcezin (Stettin) für den nächsten Tag, bevor ich mir eine Unterkunft sucht.
Zu einem Besuch der Altstadt konnte ich mich leider nicht mehr aufraffen.
Leider deshalb, da mir am anderen Tag ein Radtourist im Zug von einer wunderschönen Innenstadt und einem dort stattfindenden Fest vorschwärmte.

Fünfeinhalb ermüdende Stunden dauerte die 370 Kilometer lange Bahnfahrt nach Sczcezin, wo ich übernachtete und am Abend durch die nicht unattraktive Stadt bummelte.



Über Pasewalk fuhr ich am Donnerstag wiederum mit dem Zug nach Stralsund.
Mittags dort angekommen stieg ich zur Abwechslung mal wieder aufs Rad und fuhr die 70 km bis zum Bakenberg auf Rügen, wo zu dieser Zeit Freunde von mir urlaubten.


Dort fand mir zu Ehren ein großes Festessen statt gingen wir am Abend in ein Restaurant essen und ich nutzte die folgenden 5 Tage zur maximal passiven Erholung.